Verstoß gegen Ausschreibungspflicht steht Einstellung entgegen

ArbG Köln, Beschl. v. 13.01.2023 – 23 BV 67/22

 

Sachverhalt:

Der Antragsteller und Arbeitgeber ist ein gemeinnütziger Verein mit 10.000 Mitarbeitern. Er vereinbarte mit dem Gesamtbetriebsrat unter dem 18.04.2016 eine „Betriebsvereinbarung über die Durchführung von internen Stellenausschreibungen“. Danach ist jeder Arbeitsplatz intern auszuschreiben. Die Ausschreibungsfrist beträgt 4 Wochen ab Eingang der Ausschreibung bei dem Betriebsrat.

Die Arbeitgeberin schrieb die Stelle “Projektleiter/in Datacenter Services“ unter dem 18.02.2022 mit einer Bewerbungsfrist bis zum 18.03.2022 intern aus. Die Arbeitgeberin leitete die Ausschreibung dem Betriebsrat am 24.02.2022, mithin nur gut drei Wochen vor Ablauf der Ausschreibungsfrist, zu.

Am 11.04.2022 beantragte der Arbeitgeber beim Betriebsrat die Zustimmung zu der befristeten Einstellung des einzigen Bewerbers.

Der Betriebsausschuss des Betriebsrates widersprach der Einstellung fristgerecht unter Hinweis auf die mangelnde Qualifikation des Bewerbers und eine fehlende interne Stellenausschreibung.

Der Arbeitgeber beantragte unter dem 02.05.2022 erneut die Zustimmung zur Einstellung ab dem 01.06.2022 und begründete die dringende Erforderlichkeit einer vorläufigen Einstellung mit mehr als 20 unbesetzten Stellen trotz dringlicher Sonderaufgaben. Der Betriebsrat widersprach dem erneut unter dem 05.05.2022 und wies hinsichtlich der unbesetzten Stellen darauf hin, dass diese nicht ausgeschrieben worden sind.

Der Arbeitgeber wandte ein, dass die interne Stellenausschreibung vom 18.02.2022 am gleichen Tag im Intranet veröffentlicht wurde, den Betriebsrat habe er hierüber per E-Mail unterrichtet. Er argumentierte, dass etwaige nach der Betriebsvereinbarung fehlende Unterrichtungen über die Ausschreibung allenfalls als Verstöße gegen bloße Obliegenheiten zu verstehen sind und den Betriebsrat nicht zum Widerspruch gem. § 99 II, Nrn.. 1, 5 BetrVG berechtigten.

Der Arbeitgeber beantragte u.a. die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zur Einstellung des betreffenden Arbeitnehmers.

 

Verfahrensgang:

Das Arbeitsgericht Köln hat entschieden, dass der Verstoß gegen die in der Betriebsvereinbarung geregelten Fristen den Betriebsrat zum Widerspruch berechtigte.  Der Beschluss ist rechtskräftig.

 

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Arbeitgeber hat die Zustimmung des Betriebsrates in Unternehmen mit mehr als 20 Arbeitnehmern vor jeder Einstellung nach § 99 I BetrVG einzuholen. Der Betriebsrat kann die Zustimmung u.a. nach § 99 II Nr. 1 BetrVG verweigern, wenn die Einstellung gegen Regelungen in einer Betriebsvereinbarung verstößt und nach § 99 II Nr. 5 BetrVG, wenn eine erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterlassen wurde.

Ein Verstoß leitet sich aus dem Umstand ab, dass die Ausschreibungsfrist ausweislich der einschlägigen Betriebsvereinbarung vier Wochen ab Eingang der Ausschreibung beim Betriebsrat zu betragen hat, tatsächlich jedoch selbst bei Unterstellung der streitigen Behauptung des Arbeitgebers dieser den Betriebsrat erst am 24.02.2022 unterrichtet hat und damit die in der Ausschreibung vorgesehene Ausschreibungsfrist bis zum 18.03.2022 weniger als vier Wochen betrug. Damit hat der Betriebsrat zu Recht widersprochen und die Zustimmung zur Einstellung des betreffenden Arbeitnehmers war nicht zu ersetzen.

 

Fazit und Kommentar:

In der Praxis gehen die Betriebsparteien nicht in wenigen Fällen unachtsam mit betriebsverfassungsrechtlichen Regelungen um, was den Arbeitgeber teuer zu stehen kommen kann. Sollten Sie Fragen zu der Thematik der Betriebsvereinbarung, Ausschreibung, Einstellung von Arbeitnehmern, Widerspruch/ Zustimmung, Zustimmungsersetzung haben, sprechen Sie uns gerne an und vereinbaren einen ersten Gesprächstermin.

Silvana Dzerek

Fachanwältin für Arbeitsrecht