Fristlose Kündigung unwirksam – Unsachgemäße Lagerung von historischen Originaldokumenten im Aufzugsraum

LAG Düsseldorf, PM Nr. 22 v. 13.12.2024

Sachverhalt:

Der Kläger ist seit dem 01.10.2008 als Archivar im Heinrich-Heine-Institut beschäftigt. Er ist Geisteswissenschaftler und nicht zum Archivar ausgebildet. Dem Kläger ist die Handschriftenabteilung I anvertraut.  Im Archiv befinden sich Sammlungen zu Heinrich Heine, Robert Schumann, Felix Mendelssohn Bartholdy, umfangreiche Nachlass- und Sammlungsbestände zur Düsseldorfer und rheinischen Literatur- und Kulturgeschichte.

Aufgrund der langjährigen Beschäftigungsdauer ist eine ordentliche Kündigung des Klägers durch Tarifvertrag ausgeschlossen.

Während der urlaubsbedingten Abwesenheit des Klägers suchten der Archivar der Handschriftenabteilung II und die Institutsleitung am 06.11.2023 nach den Exponaten „Handschrift mit Druck des Rheinweinliedes“ und der „Elfenbeinminiatur mit einem Bildnis von Robert Schumann“. Dabei fanden sie in einem Aufzugsvorraum zwei Stahlschränke. In diesen Stahlschränken fanden sich viele Originaldokumente, u.a. von Felix Mendelssohn Bartholdy, Heinrich Heine und Robert Schumann. Der Aufzugsvorraum verfügte über keine besondere Klimatisierung, auch war der Raum nicht alarmgesichert. Die beklagte Stadt sprach dem Kläger am 01.12.2024 eine fristlose Kündigung aus. Sie wirft dem Kläger eine unsachgemäße Lagerung von 1.867 Originaldokumenten vor. Hierdurch sei ein erheblicher Schaden entstanden. Durch die Vermischung von schimmelbefallenen Objekten mit bereits restaurierten Objekten seien Letztere kreuzkontaminiert worden.

Der Kläger wandte ein, dass die Stahlschränke im Erdgeschoss seit jeher als Zwischenarchiv genutzt werden. Er monierte, dass die behaupteten Beschädigungen nicht belegt sind und letztlich nicht auf eine Aufbewahrung im Stahlschrank zurückzuführen sind.

Verfahrensgang: 

Der Kläger wehrte sich gegen die fristlose Kündigung vor dem ArbG Düsseldorf erfolgreich. In dem Berufungsverfahren vor dem LAG Düsseldorf schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich. Dabei wurde die fristlose Kündigung in eine ordentliche Kündigung umgewandelt.

Aus der Pressemitteilung: 

Das ArbG Düsseldorf ist noch davon ausgegangen, dass eine kurzfristige Lagerung des Archivgutes in den Stahlschränken jedenfalls nicht ausdrücklich verboten war. Diese war der beklagten Stadt auch nicht unbekannt. Eine zu lange Lagerung in den Stahlschränken ordnete das ArbG Düsseldorf als Schlechtleistung ein, die bei der langen Beschäftigungszeit ausreichend abzumahnen war. Das ArbG Düsseldorf würdigte, dass der Kläger kein ausgebildeter Archivar ist und die ordentliche Kündigung aufgrund der Beschäftigungsdauer ausgeschlossen war.

Fazit und Kommentar: 

Fristlose Kündigungen können nur dann wirksam ausgesprochen werden, wenn ein schwerwiegender, wichtiger Grund vorliegt. Eine fristlose Kündigung muss der Arbeitgeber innerhalb von 2 Wochen ab Kenntnis der Tatsachen, die eine fristlose Kündigung begründen, aussprechen. Es muss dem Arbeitgeber unzumutbar sein, den Ablauf der Kündigungsfrist einer ordentlichen Kündigung abzuwarten. Hier war es der beklagten Stadt tarifvertraglich versagt, eine ordentliche Kündigung auszusprechen. Dennoch war zu prüfen, ob vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung ein milderes Mittel gegeben ist. Eine fristlose Kündigung zieht erhebliche wirtschaftliche Einbußen nach sich. Die Gehaltszahlung wird mit Zugang der Kündigung eingestellt und die Agentur für Arbeit verhängt in nicht selten Fällen zunächst einmal eine Sperrzeit von max. 12 Wochen. Nach Zugang einer fristlosen Kündigung ist rasches Handeln gefragt. Ebenso sollte eine solche auf Arbeitgeberseite gut vorbereitet sein, um im Prozess keine kostspielige Überraschung zu erleben.

Sprechen Sie uns an und vereinbaren frühzeitig einen Beratungstermin, falls Sie den Ausspruch einer fristlosen Kündigung planen, Ihnen eine solche droht bzw. zugegangen ist.

Silvana Dzerek

Fachanwältin für Arbeitsrecht