Eigenmächtige Mitnahme von Bürostuhl rechtfertigt keine fristlose Kündigung

ArbG Köln, Urt. v. 18.01.2022 – 16 Ca 4198/21Pressemitteilung

Die Klägerin ist seit 2008 beim Erzbistum Köln als Justitiarin und Leiterin der Stabsabteilung Recht beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden beamtenrechtliche Regelungen Anwendung. Das Erzbistum Köln kündigte der Klägerin mit Datum vom 22.07.2021 fristlos, weil sie ohne Absprache mit dem kirchlichen Arbeitgeber einen Bürostuhl mit erheblichem Wert ins Homeoffice mitgenommen habe. Für das Erzbistum Köln war dies eine „illegale Aktion“, kein Bürostuhl durfte mit nach Hause genommen werden. Weitergehend wurde die langjährige Mitarbeiterin mit der Begründung, sie sei dauerhaft dienstunfähig, am 28.07.2021 in den Ruhestand versetzt.

Die Klägerin erhob Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung und setzte sich gegen die Versetzung in den Ruhestand zur Wehr. Sie forderte zudem ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 50.000,00 Euro von dem Erzbistum Köln. Sie habe im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer Tätigkeit bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen von Jugendlichen durch Priester keine ausreichende Schuldung und Supervision erhalten. Das Erzbistum Köln habe als Arbeitgeber seine Fürsorgepflicht verletzt, sie habe infolgedessen gesundheitlichen Schaden genommen.

Verfahrensgang:

Das Arbeitsgericht Köln gab der Kündigungsschutzklage statt und erklärte auch die Versetzung in den Ruhestand für unwirksam. Ein Schmerzensgeld sprach das Arbeitsgericht Köln der Klägerin nicht zu. Gegen das Urteil können beide Parteien jeweils in Berufung gehen.

Aus der Pressemitteilung:

Das Arbeitsgericht stellte fest, dass die eigenmächtige und nicht abgesprochene Mitnahme von Eigentum des Arbeitgebers eine Pflichtverletzung darstellt, die eine Kündigung grundsätzlich rechtfertigen kann. In der konkreten Situation jedoch reicht die Mitnahme des Bürostuhl nicht aus, um eine außerordentliche Kündigung wirksam zu begründen. Denn der kirchliche Arbeitgeber hatte vor Ostern 2020 infolge der pandemischen Lage die Tätigkeit im Homeoffice empfohlen und dieser generell den Vorrang vor einer Präsenztätigkeit eingeräumt. Die für eine Tätigkeit im Homeoffice erforderliche Ausstattung hat der Arbeitgeber so kurzfristig aber nicht zur Verfügung gestellt.

Für eine Versetzung in den Ruhestand vom 28.07.2021 bedurfte es einer Prognose, dass die Klägerin ihre Dienstfähigkeit in den nächsten sechs Monaten nicht wiedererlangen wird. Eine vertrauensärztliche Stellungnahme von Januar 2021 und der seither bestehenden Dienstunfähigkeit reicht aber hierfür nicht aus, so das Arbeitsgericht.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schmerzensgeld. Die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle war notwendig und die damit einhergehenden Belastungen für die damit befassten Arbeitnehmer unvermeidbar. In der Position als Leiterin der Stabsabteilung ist es der Klägerin zumutbar gewesen, sich selbst um die notwendige Unterstützung zu bemühen.

Fazit und Kommentar:

Arbeitnehmer dürfen Arbeitsmittel ohne Absprache nicht einfach mit nach Hause nehmen. Der Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln ist jedoch zu entnehmen, dass nicht jede Pflichtverletzung sogleich eine – fristlose – Kündigung rechtfertigen kann. Es kommt wie häufig auf den konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung sämtlicher Fakten an.

Falls Sie Fragen zu Ihrem konkreten Fall haben, kontaktieren Sie uns für einen Beratungstermin. Unsere Fachanwaltskanzlei berät Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Betriebsräte.

Silvana Dzerek

Fachanwältin für Arbeitsrecht

ArbG Köln, Urt. v. 18.01.2022 – 16 Ca 4198/21Pressemitteilung

Die Klägerin ist seit 2008 beim Erzbistum Köln als Justitiarin und Leiterin der Stabsabteilung Recht beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden beamtenrechtliche Regelungen Anwendung. Das Erzbistum Köln kündigte der Klägerin mit Datum vom 22.07.2021 fristlos, weil sie ohne Absprache mit dem kirchlichen Arbeitgeber einen Bürostuhl mit erheblichem Wert ins Homeoffice mitgenommen habe. Für das Erzbistum Köln war dies eine „illegale Aktion“, kein Bürostuhl durfte mit nach Hause genommen werden. Weitergehend wurde die langjährige Mitarbeiterin mit der Begründung, sie sei dauerhaft dienstunfähig, am 28.07.2021 in den Ruhestand versetzt.

Die Klägerin erhob Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung und setzte sich gegen die Versetzung in den Ruhestand zur Wehr. Sie forderte zudem ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 50.000,00 Euro von dem Erzbistum Köln. Sie habe im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer Tätigkeit bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen von Jugendlichen durch Priester keine ausreichende Schuldung und Supervision erhalten. Das Erzbistum Köln habe als Arbeitgeber seine Fürsorgepflicht verletzt, sie habe infolgedessen gesundheitlichen Schaden genommen.

Verfahrensgang:

Das Arbeitsgericht Köln gab der Kündigungsschutzklage statt und erklärte auch die Versetzung in den Ruhestand für unwirksam. Ein Schmerzensgeld sprach das Arbeitsgericht Köln der Klägerin nicht zu. Gegen das Urteil können beide Parteien jeweils in Berufung gehen.

Aus der Pressemitteilung:

Das Arbeitsgericht stellte fest, dass die eigenmächtige und nicht abgesprochene Mitnahme von Eigentum des Arbeitgebers eine Pflichtverletzung darstellt, die eine Kündigung grundsätzlich rechtfertigen kann. In der konkreten Situation jedoch reicht die Mitnahme des Bürostuhl nicht aus, um eine außerordentliche Kündigung wirksam zu begründen. Denn der kirchliche Arbeitgeber hatte vor Ostern 2020 infolge der pandemischen Lage die Tätigkeit im Homeoffice empfohlen und dieser generell den Vorrang vor einer Präsenztätigkeit eingeräumt. Die für eine Tätigkeit im Homeoffice erforderliche Ausstattung hat der Arbeitgeber so kurzfristig aber nicht zur Verfügung gestellt.

Für eine Versetzung in den Ruhestand vom 28.07.2021 bedurfte es einer Prognose, dass die Klägerin ihre Dienstfähigkeit in den nächsten sechs Monaten nicht wiedererlangen wird. Eine vertrauensärztliche Stellungnahme von Januar 2021 und der seither bestehenden Dienstunfähigkeit reicht aber hierfür nicht aus, so das Arbeitsgericht.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schmerzensgeld. Die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle war notwendig und die damit einhergehenden Belastungen für die damit befassten Arbeitnehmer unvermeidbar. In der Position als Leiterin der Stabsabteilung ist es der Klägerin zumutbar gewesen, sich selbst um die notwendige Unterstützung zu bemühen.

Fazit und Kommentar:

Arbeitnehmer dürfen Arbeitsmittel ohne Absprache nicht einfach mit nach Hause nehmen. Der Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln ist jedoch zu entnehmen, dass nicht jede Pflichtverletzung sogleich eine – fristlose – Kündigung rechtfertigen kann. Es kommt wie häufig auf den konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung sämtlicher Fakten an.

Falls Sie Fragen zu Ihrem konkreten Fall haben, sprechen Sie uns jederzeit gerne an. Unsere Fachanwaltskanzlei berät Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Betriebsräte.

Silvana Dzerek

Fachanwältin für Arbeitsrecht