Fehler bei der Briefwahl

BAG, Beschl. v. 16.03.2022 – 7 ABR 29/29

Pressemitteilung 12/22 v. 16.03.2022

Die Volkswagen AG stellt in Hannover-Stöcken Nutzfahrzeuge her. Das Werksgelände umfasst mehrere Hektar und ist von einem geschlossenen Zaun umgeben. Der Zugang erfolgt über Tore, die vom Werkschutz kontrolliert werden. Außerhalb des umzäunten Geländes befinden sich weitere Betriebsstätten. Drei der Betriebsstätten liegen unmittelbar angrenzend an dem umzäunten Werksgelände. Alle Betriebsstätten sind dem Werk Hannover-Stöcken organisatorisch zugeordnet. Sämtliche Arbeitnehmer werden von dem dort gewählten Betriebsrat vertreten.

Der Wahlvorstand hatte bei der im April 2018 durchgeführten Betriebsratswahl für alle Arbeitnehmer der außerhalb des geschlossenen Werksgeländes liegenden Betriebsstätten die Briefwahl, mithin die schriftliche Stimmabgabe, beschlossen. Nachdem das Wahlergebnis bekanntgegeben wurde, haben neun wahlberechtigte Arbeitnehmer die Wahl angefochten. Sie machten geltend, dass die Briefwahl nicht für alle außerhalb des geschlossenen Werksgeländes liegende Betriebsstätten hätte beschlossen werden dürfen.

Verfahrensgang:

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht Niedersachen haben die Betriebsratswahl für unwirksam erklärt.

Das BAG wies die dagegen gerichteten Rechtsbeschwerden zurück.

Aus der Pressemitteilung:

Eine schriftliche Stimmabgabe kann nur für räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernte Betriebsteile und Kleinstbetriebe beschlossen werden. Dies ergibt sich aus § 24 Abs. 3 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes (Wahlordnung-WO). Auch wenn der dem Wahlvorstand zustehende Beurteilungsspielraum berücksichtigt wird, war der Wahlvorstand zu Unrecht davon ausgegangen, dass diese Voraussetzung bei den drei unmittelbar an das umzäunte Werksgelände angrenzenden Betriebsstätten erfüllt ist. Dieser Fehler konnte das Wahlergebnis beeinflussen.

Das Landesarbeitsgericht Niedersachen hatte bereits festgestellt, dass das Wahlergebnis hätte anders ausfallen können, wenn 20 Wahlberechtigte mehr an der Wahl teilgenommen hätten. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Arbeitnehmer, die in den Betriebsstätten außerhalb des umzäunten Werksgeländes beschäftigt wurden, gewusst hätten, dass sie ihre Stimme trotz der beschlossenen Briefwahl auch persönlich hätten abgeben können.

Fazit und Kommentar:

Zu Recht hat das BAG entschieden, dass die Möglichkeit der schriftlichen Stimmabgaben ihre Grenzen hat. In dem hiesigen Fall hat die BAG-Entscheidung keine Auswirkungen auf die bis dahin vom Betriebsrat vorgenommenen Rechtshandlungen, denn für das Werk wurde mittlerweile ein neuer Betriebsrat gewählt. Da die Betriebsratswahlen in den Unternehmen derzeit durchgeführt werden, sollte diese Entscheidung Berücksichtigung finden.

Haben Sie Fragen zu der Betriebsratswahl in Ihrem Unternehmen oder benötigen Sie fachanwaltlichen Rat, fragen Sie uns gerne an und vereinbaren Sie einen persönlichen Beratungstermin.

Silvana Dzerek

Fachanwältin für Arbeitsrecht