Abmahnung vor fristloser Kündigung – Weigerung zur Nutzung eines „sexistisch gestalteten“ Dienstwagens nicht ausreichend für fristlose Kündigung, kein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz

ArbG Mönchengladbach Urt. v. 14.10.2015, Az 2 Ca  1765/15

Der Arbeitgeber vertreibt Kaffee und Kaffeeautomaten, auf dessen Betrieb das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet. Der Arbeitnehmer ist seit über 2O Jahren bei dem Arbeitgeber als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. Hierzu wird ihm ein Dienstfahrzeug zur Verfügung gestellt. Im Rahmen einer Modernisierung des Fuhrparks schaffte der Arbeitgeber neue Fahrzeuge an. Das Fahrzeug des Arbeitnehmers ließ der Arbeitgeber mit einer auffälligen Werbung gestalten. Auf der linken Seitentür des Fahrzeugs war eine Person zu sehen, die so gekleidet war wie üblicherweise der Arbeitnehmer. Auf der rechten Seitentür waren nackte Frauenbeine abgebildet. In einem Streitgespräch äußerte sich der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber dahingehend, dass er nicht mit roten Radkappen fahren und überhaupt mit einem solchen „Puffauto“ und „Zirkusauto“ keine Geschäfte tätigen werde. Der Arbeitnehmer verließ das Betriebsgelände und suchte einen Arzt auf, der ihm eine Arbeitsunfähigkeit bescheinigte. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht. Der Arbeitnehmer, dessen Homosexualität dem Arbeitgeber seit Aufnahme der Tätigkeit bekannt war, vertrat die Auffassung, dass die Weisung, mit einem sexistisch gestalteten Dienstwagen fahren zu müssen, ihn objektiv diskriminiere. Zudem werde er durch die Gestaltung der linken Seitentür zum Bestandteil der Werbung gemacht.

Verfahrensgang:

Das Arbeitsgericht Mönchengladbach gab der Klage zum Teil statt. Berufung ist beim Landesarbeitsgericht eingelegt.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Kündigung des Arbeitgebers hat das Arbeitsverhältnis nicht fristlos, hingegen aber fristgerecht beendet.

Eine beharrliche Arbeitsverweigerung rechtfertigt eine fristloste Kündigung an sich. Zu der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung des Arbeitnehmers gehört es, seine Tätigkeit als Verkaufsreisender mit einem vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Firmenfahrzeug nachzukommen. Im Rahmen des Direktionsrechts ist der Arbeitgeber grundsätzlich berechtigt, das zur dienstlichen Nutzung bestimmte Fahrzeug nach seinen Vorstellungen zu gestalten und mit Werbung zu versehen. Der Arbeitgeber hätte den Arbeitnehmer aber vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung unmissverständlich darauf hinweisen müssen, dass er das Arbeitsverhältnis bei fortgesetzter Weigerung, den Dienstwagen zu nutzen, kündigen werde. Hieran fehlte es. Der Arbeitgeber hatte lediglich vorgetragen, dem Arbeitnehmer nicht näher bezeichnete Konsequenzen angedroht zu haben. Dies ist nicht ausreichend.

Die hilfsweise erklärte Kündigung ist wirksam und verstößt nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Für eine Benachteiligung entsprechend dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz ist es ausreichend, Indizien darzulegen und zu beweisen, die einen Kausalzusammenhang hinsichtlich einer Benachteiligung vermuten lassen. Nicht ausreichend ist der Vortrag des Arbeitnehmers, wonach er zu einer Gruppe gehört und von einem Nachteil betroffen sei. Eine Verknüpfung zwischen der Homosexualität des Arbeitnehmers und der Zuweisung des auffällig gestalteten Dienstwagens ist nicht erkennbar. Auch ist nicht nachvollziehbar, was unbekleidete Frauenbeine mit Homosexualität zu tun haben sollen.

Fazit und Kommentar:

Das Arbeitsgericht hat in seinem Urteil deutlich gemacht, dass der Arbeitgeber im Rahmen des Direktionsrechts das Firmenfahrzeug zuweisen kann. Offengelassen ist aber die Frage, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Rahmen der Außenwerbung zu einem Betriebsrepräsentanten machen darf und wo die Grenzen, insbesondere bei geschmackloser Werbegestaltung gezogen werden. Auch ist die Frage offen, ob der Arbeitgeber bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten, sexistisch gestalteter, geschmackloser Werbung verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer ein anderes Fahrzeug zuzuweisen. Es ist daher abzuwarten, ob bei einem Betrieb, auf den das Kündigungsschutzgesetz aufgrund der Größe zur Anwendung kommt, anders entschieden wird. Im Sinne der Rechtssicherheit und ggf. auch des Betriebsfriedens empfiehlt es sich Firmenwagenüberlassungsregelungen zu gestalten.

Silvana Dzerek

Fachanwältin für Arbeitsrecht